Heute wird Klartext geschrieben. Das ist ja alles ganz putzig hier, einmal die Woche eine seichte Geschichte, kommentiert von „dreimal beliebiger Buchstabe“ (Hab dich lieb), geliked von unseriösen Wannabe-Influencern, die weder des Deutsch noch der Ironie mächtig sind, und geteilt von Freunden, die mir mitleidig die Stange halten, vermutlich in der Hoffnung bald montags endlich wieder Bild.de auf dem Weg zur Arbeit lesen zu dürfen. Alles ganz nett, aber von nett wird man nicht satt. Ich bin gierig. Ich will Geld verdienen und ein Millionenpublikum belästigen. Ich brauche folglich: einen Marketingplan, der es in sich hat. Eine Vermarktungsstrategie, die nice und nicht nur nett ist.
Beginnen wir mit einer Bestandsaufnahme – und den ersten, fundamentalen Fehlern, die ich begangen habe bei Inbetriebnahme meines öffentlichen Affenzirkuses. Wie jeder weiß, gibt es einzig und alleine drei Dinge, die den Menschen wirklich faszinieren und bewegen. Das sind weder Affen, Worte, noch Montage. Es sind nackte Haut, Babys und Tierkinder. Wenn ich das mit dem bescheuerten Scheppern aus Gründen der Kontinuität weiterbehalten möchte muss ich das Logo also umbauen: ein Kleinkind haut zwei nackte Affenbabys zusammen. Zudem sollte der Markenname – ob Schellenaffe, Kind-haut-Affen oder irgendetwas anderes wird in einer Marktforschung auf Merkbarkeit und Einzigartigkeit hin validiert werden – deutlich unlesbarer geschrieben werden. Idealerweise in einem mondänen Kreis um das Logo, sodass man nicht weiß wo der Anfang ist. Denn welche Marke möchte nicht den Kopf seiner Konsumenten verdrehen. Da diese „Neuausrichtung“ selbst meine PowerPoint-Fähigkeiten überschreitet (das derzeitige Logo ist tatsächlich in Power Point entstanden), mögen sich arbeitslose Webdesigner, die sich dieser unwürdigen Aufgabe stellen wollen bitte bei mir über das Kontaktformular melden. Hier ein erster Designentwurf der „Naffeschelle“:
Die Logoerneuerung wird sodann als Teil meines ersten Marketingcoups als Relaunch, also als marktverändernde Neuausrichtung der Brand vermarktet. Ob Launch oder Relaunch, zu jeder Marke gehört auch immer eine emotionale Definition des Markenkerns. Das lernen BWL-Studenten bereits bevor sie sich das erste Mal den Kragen ihres Poloshirtes hochgestellt haben. Wofür steht also meine Marke? Was ist der emotionale Kern meines Produktes? Auch hier habe ich alles falsch gemacht, was möglich war. Scheppern im Kopf ist ein souveräner Griff in die klappernde Toilette. Naffeschelle muss das verbinden, was die Menschheit wirklich bewegt. Im Jahr 2017 ist laut Google Trends der meistgesuchte Begriff „Wetter“. In der Bildersuche ist es „Tattoo“. Demzufolge ist der neue Kern der Marke „Naffeschelle – Wetter tätowiert“. Hierfür brauche ich unverbrauchte, nackte Haut. Demnach gilt es eine Vielzahl (genauer: 365) williger Praktikanten mit der Aussicht auf falsche Hierarchien und flexible Überstunden zu locken und als lebende Wetterkarten einzusetzen. „Orkantief Holger kreist über den Atlantik, also den rechten Quatrizeps diese schmächtigen Informatikstundenten, von Westen heran. Ziehen Sie sich also warm an und Dirk wirf dir bitte auch wieder etwas über.“
Neben dieser nützlichen Dienstleistung, wird das Angebot der Naffeschelle durch Bilder und Videos meines Alltags ergänzt. Naffeschelle geht schließlich nicht nur auf, sondern auch unter die Haut. Zur emotionalen Ansprache und Bindung meiner Follower muss ich persönlicher werden. Authentizität, Nähe und radikale Transparenz fordern, dass ich mich beim Anbringen eines neue WC-Steins, bei Rücksendung eines Amazon-Paketes, bei der Zahnzwischenraumreinigung oder beim Durchblättern der Einkauf-Aktuell filme. Diese ganzen von Schachtelsätzen und angeberisch eloquenten Begrifflichkeiten durchzogenen Berichte kann ich mir wiederum ersparen. Texte lasse ich fortan in Bulgarien schreiben – bzw. programmieren. Der Inhalt wird ausschließlich aus vordefinierten Textbausteinen und Listen bestehen:
- 10 Gründe warum [Games of Thrones bezogene Fragestellung]
- 5 Tipps gegen [banales Liebes- oder Ordnungsproblem]
- Wusstest du, dass 7 [mit einem Gebetswürfel erfundene Fakten]
Soviel zum vielfältigen Dienstleistungsangebot der Naffeschelle. Nun zur wichtigsten Frage: Wie erhöhe ich die Bekanntheit von Naffeschelle und erreiche meine Zielgruppe der 27-jährigen, angelaffinen, transgender Mungobohnenliebhaber ? Ich brauche wie Cristiano Ronaldo oder Katzenbabys vor allem eins: Aufmerksamkeit. Dies erziele ich in der heutigen Zeit omnipräsenter Werbebotschaften nur durch eines: Radikalität. Ich brauche einen PR-Stunt, eine Guerilla-Aktion, die es in die Feeds und Fernsehnachrichten der Republik schafft. Hierzu bedarf es Mut zum Ungewöhnlichen. Das Thema Scheppern bietet hier ungeahnte Spielräume.
Naffeschelle wird durch scheppernde Becken auf sich aufmerksam machen. An ungewöhnlichen Orten platziert sich das Marketingteam und wird durch Lärm von sich reden machen. Private Trau(er)reden, angespannte Fahrprüfungen, trockene Pressekonferenzen, Neujahrsansprachen, Militärmanöver auf hoher See, im Kreissaal, beim Snoozen oder beim Kauf eines Bananenschneiders bei Tchibo – Naffeschelle wird diese Momente kakophonisch begleiten und seine Botschaft verbreiten: viel Lärm um nichts. Passend hierzu wird es eine Social Media Kampagne geben: eine bunte Auswahl digitaler Wanderhuren, auch bekannt als Influencer, wird käuflich erworben und ebenfalls Becken schwingend ihren Fans von Naffeschelle berichten. Durch die Verwendung uniquer Hashtags (#makeradaugreatagain #belastend #naffeschellechallenge #ichbinbescheppert) wird die Aktion „abgerautet“.
Flankiert wird das Marketingpaket zudem durch eine user generated content Aktion. Hierzu wird es eine Verlosung über Facebook geben: Verlinke unter dem Bild einer trocknen Toastbrotscheibe deinen uninspirierendsten Freund und erhalte einen exklusiven Merchandizing Artikel: einen mit Naffeschelle gebrandeten Nagelknipser.
Wer an dieser Stelle nun verwirrt und ausgeknipst ist, dem sei gratuliert. Die Marketingbotschaft „Scheppern im Kopf“ wurde peneriert, der Markenkern verstanden. Hervorragend. Wer mich, sich und Dirk wiederum vor all dem bewahren möchte erzähle doch einfach seinen Freunden, Steuerberatern oder Busfahrern vom Schellenaffen. Auch wenn man davon nicht satt wird, das wäre sehr nett. Oder nice.
4 Gedanken zu „Der Plan“
Hallo 👋 da bin ich wieder (die drei Buchstaben). Ich hoffe, dass aus meinem spritzigen,ironischen,Wahrheiten aufdeckenden, von Sarkasmus triefenden,ehrlichen Schellenaffe nie ein „Naffeschelle“ wird!!!!
Heute wird schon soviel erfolgsorientiert gearbeitet ohne wirklich Erfolge vorzuweisen, da muss sich der Schellenaffe.de nicht einreihen. Da ist der Satz „wenig ist oft mehr “ angebracht! Nicht die Millionen follower machen es,sondern die,na sagen wir mal 100, die verstehen, sich begeistern,weiter erzählen,sich auf Montag freuenden,geistig beweglichen und gerne lachenden Menschen!!!!
Brot verdienen und sei es nur das trockene Toastbrot,muss der Schellenaffe leider noch bei unliebsamer profanen Schreibtisch Arbeit…..aber es kommen auch mal bessere Zeiten…für Schellenaffen😉
Ich will die Nagelschere! ^^
den „drei Buchstaben“ ist zuzustimmen: Gegen den Strom zu schwimmen oder auch nur am Rande des Hauptstroms ist etwas anstrengender als sich vom „mainstream“ mitziehen zu lassen, aber vielleicht doch interessanter; am Rand, wohin die Erfolgstypen mt den Bescheuerklappen vor und neben der Birne gar nicht hingucken können, finden sich manchmal die tollsten Sachen (ggf. sogar Menschen) – also ruhig weitermachen …
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