Dumpf und still wirkt die Luft. Kein Vogelgezwitscher, kein Rauschen der Blätter im Wind. Die Kälte verschluckt jeden Klang. Tief hinein in diese klare und kalte Stille fräsen sich die Klänge des Winters: das Geräusch eines Eiskratzers auf der Windschutzscheibe. Das Knirschen der Schuhe im Schnee. Das feine Knarzen und Knacken des Eises.
Und so kratzt der Winter an all unseren Sinnen.Er macht Unsichtbares sichtbar. Den eigenen Atem. Karge Äste. Spuren im Schnee. Doch vor allem entblößt er eines: den unwirklichen Kampf des Menschen gegen die wahrhaftige Gewalt der Natur. Surreale Räumfahrzeuge kämpfen sich durch die weiße Unendlichkeit. In dicke Stoffe gehüllte Gestalten huschen um Häuserecken. Groß wie Theatervorhänge sind die Schals, rot wie Kirschbonbons die Gesichter, die zu zerklirren scheinen.
Aufgeplusterte Vögel beäugen das zitternde Treiben unter sich. Gehetzt und doch gelähmt wirken die Menschen. Kurz sind die Momente in der unerbittlichen Kälte. Langsam wirken die Bewegungen. Zäh tropfen Worte über die blauen Lippen. Der Mund will nicht mehr gehorchen. Die Gedanken frieren fest. Es zittert im Kopf. Wir hören nur noch das Schreien frierender Hände und Füße. Schnell huschen wir in die Wärme unserer Häuser. Mit der Hitze beginnt das Blut in uns zu pulsieren. Ein undefinierbarer Schmerz. Kälteweh. Wir haben das Gefühl innerlich in Scherben zu zerfallen. Das Gefühl des Winters.
So geschärft das Gehör, so sensibel der Körper, so erstarrt ist die Welt der Düfte und Geschmäcker.Die Aromen der Natur sind erkaltet. Nichts blüht, nichts verwest. Alles ruht und wartet auf den Beginn des bekannten Kreislaufs. Betäubt ist die Wahrnehmung und doch bilden wir uns ein sie zu schmecken, zu riechen: diese Reinheit der Luft. Klar und pur atmen, saugen wir sie ein. Wie ein kaltes Getränk in der sommerlichen Hitze merken wir wie sie den Weg in unsere Glieder findet. Doch fühlen wir uns beinahe überfrischt. Und beginnen vom Sommer zu träumen.
Wir sind es nicht gewohnt, dass wir etwas nicht kontrollieren, steuern und beeinflussen können. Doch den Jahreszeiten sind wir ausgeliefert – zum Abwarten, Akzeptieren und Träumen verdammt. Wir wärmen uns mit Erinnerungen an den Sommer. An wärmende Sonnenstrahlen auf der nackten Haut. An eine leichte Sommerbrise im Haar. An Geruch von warmem Regen. An die Unbeschwertheit flüchtiger Sommernächte. Wir kennen die Antwort und doch beginnen wir wehmütig zu zweifeln: Sommer, wirst du wirklich wiederkommen?
Doch mit dem ersten wärmenden Sonnenstrahl, dem ersten zarten Ruf der Vögel, der ersten Knospe im Schnee wächst die Hoffnung. Die kalten, dunklen Gedanken werden stiller und stiller – bis sie so leise sind wie der Laut, den eine Schneeflocke macht, wenn sie zu Boden fällt. Ja, der Sommer wird zurückkehren. Gewiss.
Ein Gedanke zu „Brrrrr – zitternde Gedanken zum Winter.“
So poetisch beschrieben ist der klirrende Winterabschied der letzten Tage eigentlich sehr schön! Doch ich muss gestehen, dass meine Sehnsucht nach Wärme,Farben,Düften und Helligkeit größer ist als alle wunderbar beschriebenen Winterbilder!!!😉 Trotzdem ein schöner Schellenaffen Beitrag ,für diesen noch winterlichen, frühen Montagmorgen 😙