Ehen, Partnerschaften und Beziehungen aller Art entwickeln nach Jahren der Gemeinsamkeit eine bizarre Eigendynamik, die an die Riten in britischen Parlamenten erinnert. Da reicht auf einmal ein Haar im Waschbecken, eine dreckige Tasse auf der Anrichte oder ein recht(s)haberischer Kommentar des Beifahrers und ein Streit endzeitartigen Ausmaßes kann entstehen. Plötzlich steht der unkontrollierte Brexit im Raum – dabei ging es doch nur um die Frage, wer den Müll herunterträgt.
Was jedoch nach einer miefigen Banalität klingt, sollte in der Tat mit Bedacht ausgehandelt werden. Denn: Im Durchschnitt produziert ein Deutscher 220kg Müll – pro Jahr, pro Kopf. Die Frage nach der Gerechtigkeit des Müllentsorgungsschlüssels ist also eigentlich eine Diskussion darum, wer heute das Elefantenbaby mit schlecht verknotetem Rüssel nach unten trägt. Laut einer Studie des Umweltbundesamtes (es würde mich nicht wundern, wenn diese Studie in gebundener, gedruckter Form verfügbar wäre) entsteht die Hälfte dieses Mülls im Haushalt. Zur Einordnung: Das entspricht dem Gewicht von ca. 32.000 Joghurtbechern, die wir in unseren Wohnungen und Häusern ansammeln.
Deutschland ist damit, anders als es unser Selbstbild erlaubt, absoluter Spitzenreiter. Mülleuropameister. Und gerade bei Kunststoffen ist die Reyclingquote (mit knapp 50%) auch eher abstiegsgefährdet. Doch wie kann das sein? Franzosen laufen doch auch nicht mit Blechdosen und To-Go-Bechern aus Keramik durch ihre Rues und Avenues? Wer denkt beim Gedanken an Großbritannien nicht automatisch an Möwen, die die Fish’n Chips Portion aus dem Cellophan-Teller klauen?
Sind wir so müllenvoll?
Die Antwort ist leider ja. Wir machen ziemlichen Müll, Müll, Sondermüll. Wir genießen eine Kultur des unterwegs Konsumierens und des Zuhause Einkaufens. Wir kaufen verpacktes Gemüse im Discounter anstelle nackter Gurken auf dem Wochenmarkt. Wir lassen fünf Kleidergrößen vom Online-Kaufhaus verfrachten anstatt den schlecht ausgeleuchteten eigenen Körper in eine Umkleidekabine zu verschiffen. Wir werfen 8 Cent in Form einer Pfandflasche lieber weg, als das Risiko einzugehen, Spuren von Limonade in der Tasche zu finden. Wir werfen Jutebeutel, die wir als Werbegeschenk bekommen, in den Müll. Warum klammern wir uns sogar an Strohhalme, wenn doch eigentlich niemand dieses penetrante Schlürf- und Sauggeräusch vermissen wird?
Die Lösungen zur Müllreduktion sind nicht immer einfach verpackt. Eine kurzlebige Papiertüte ist nicht automatisch besser als ihr künstlicher Kollege aus Plastik. Eine eingeschweißte Gurke ist geschützt vor zerbeulter Orangenhaut und wird daher eher konsumiert anstatt direkt kompostiert. In den nächsten Unverpackt-Laden nach Hamburg zu fahren ist vermutlich auch nicht mehr nachhaltig, wenn man in Uelzen lebt. Und so freuen wir uns heimlich wie so oft über die Logikfehler, die fehlenden Klarheit, die es erlaubt „bequem ist weiterhin genehm“ zu sagen. Unbequeme Wahrheiten ersticken wir gerne unter einem unverwüstlichen Haufen synthetischer Polymere.
Dabei sind wir uns doch der wachsenden Umweltgefahr durch zu viel Plastikmüll bewusst. Wir wundern uns regelmäßig, wie der Müllbeutel schon wieder so voll werden konnte. Wir fragen uns, ob man bei seiner letzten Online-Bestellung statt „Kleider, Größe S“ einfach „Kartonagen, Größe XXL“ bestellt hat. Jeder weiß es, jeder möchte, doch keiner tut. Doch verändern ist nun mal leider ein Tu-Wort, so ein Müll.
Also, pack den Jutebeutel und die Trinkflasche ein. Gehe Einkaufen anstatt „Ein-Klicken“. Lass den Kelch mit dem Strohhalm an dir vorüberziehen. Tue etwas. Irgendetwas. Denn der Elefant verschwindet nicht von allein. Im Englischen gibt es einen Ausdruck, für Probleme, die jeder wahrnimmt, aber keine adressiert: there is a pink elephant in the room. Der Elefant ist in diesem Fall nicht nur pink, er stinkt nach Müll. Da müsste das Ignorieren deutlich schwerer fallen. 220kg schwer.
Ein Gedanke zu „So ein Müll.“
Auch der Schellenaffe reiht sich ein in die Riege der erhobenen Zeigefinger! Leider ja mit Recht! Aber wie schon oben geschrieben ist es sehr schwer, im Wirrwarr der Müllberge den richtigen Weg zu finden! Aber es ist auch sicher, dass es besser ist auf Umwegen aus dem Müllchaos zu gelangen als einfach den Kopf (nicht in den Sand), sondern in den Müllberg zu stecken! Auch wenn ich manchmal darüber schmunzeln muss , wenn ich mir vorstelle, dass mein Papier Qutip die Müllberge entscheident reduziert. Doch wie heißt es so passend auch klein Vieh macht Mist, der beseitigt werden muss. Also werde ich weiter (versuchen) Müll zu…..reduzieren, den vermeiden ist utopisch, dafür sorgt schon die Verpackungsindustrie!