Frauen und die Macht.

Frauen Feminismus Emanzipation Ladies

Ich werde ignoriert. Ich rede und werde ignoriert. Mein Gegenüber blickt abwesend durch mich durch, als sei ich eine leere Pfandflasche, fingert an seinem Kugelschreiber herum und schaut schließlich die Person neben mir fragend an. Diese fängt wiederum mitten in meinem Satz an zu reden, sagt umschweifend das Gleiche, was ich soeben sagte und wird mit verbalem Beifall von den anderen anwesenden Personen belohnt.

Mir gegenüber sitzt ein Mann. Neben mir sitzt ein Mann.

Anstatt meinen Sitznachbarn mit einem freundlichen „Bei Gelegenheit erkläre ich dir sehr gerne noch einmal den Unterschied zwischen einem Punkt und einem Komma“ in die Schranken zu weisen, schweige ich und staune. Ist das grade wirklich passiert? Bin ich einfach inkompetenter, als ich immer dachte, oder bin ich soeben diskriminiert worden? Bin ich „emanzpfindlich“? Oder feinfühlig feministisch? Findet die Diskriminierung in meinem Kopf statt oder ist sie Realität?

Dachte sich der Kugelschreiberkollege wirklich, der Frau höre ich nicht zu, die kann eh nichts, weil sie einen höheren Östrogenspiegel und damit zwangsläufig weniger auf dem Kasten hat? Oder zweifelt er meine Fachkenntnisse an – völlig ungeachtet der Tatsache, dass ich neben viel Verantwortung auch einen Büstenhalter trage? Beschwere ich mich über den Umgang, bausche ich etwas auf oder spreche ich die schonungslose Wahrheit aus? So oder so würde meine Kritik vermutlich als latent hysterisch und vielleicht sogar als zickig abgestempelt werden. Doch wie oft wurde einem Mann wiederum attestiert, zickig zu sein, weil er sich darüber mokierte, nicht aussprechen zu dürfen? Vermutlich so häufig, wie einer Frau gesagt wird, wow, die hat aber wirklich Eierstöcke in der Hose.

Ohne es zu bemerken oder gar zu beabsichtigen, befindet man sich mitten in einer gesellschaftlichen Debatte rund um das Thema Feminismus und Emanzipation im 21. Jahrhundert. Dabei gilt doch eigentlich „betroffen sind immer die anderen“. Einem selbst geht es gut, man selber wird doch nicht diskriminiert. Kein Grund wütend zu sein. Man macht es sich lieber in seiner Blase der Emanzipation gemütlich. Dinge hübsch einrichten können wir Frauen ja eh so gut.

Frauen Feminismus Emanzipation Damen

Blickt man oberflächlich auf unsere Gesellschaft, gibt es tatsächlich kaum einen Grund, an der Gleichberechtigung zu zweifeln. Frauen wählen, arbeiten und führen ein selbstbestimmtes Leben. Undenkbar ist es, die vergleichsweise jungen Errungenschaften der Moderne, wie das Wahlrecht für Frauen oder die Strafverfolgung von Vergewaltigung in der Ehe, anzuzweifeln. Wir werden sogar von einer Bundeskanzlerin und zahllosen Ministerinnen regiert. Oberflächlich betrachtet scheint alles in Ordnung zu sein. So wie ein guter BH eben einen Hängebusen quaschieren kann. Der Feminismus scheint nur noch nicht begriffen zu haben, dass er in Vorruhestand gehen – und in den Genuss der erhöhten Altersarmut für Frauen kommen darf. Ein bisschen feministischer Feinschliff, aber eigentlich ist das Werk der Gleichberechtigung in unserer Gesellschaft vollbracht. Hier muss ja schließlich keine Frau ein Kopftuch tragen.

Ist das so? Sind mit den diskriminierenden Gesetzen die Mauern im Kopf plötzlich verschwunden? Oder gärt da eigentlich noch immer etwas unter der Oberfläche, was wir kaum greifen, belegen oder wahrhaben wollen? Tragen wir die Kopftücher im statt auf dem Kopf?

Während Wahlen zur Hälfte von Frauen mitbestimmt und daher eine weibliche Staatschefin möglich gemacht wird, deutet sich am Beispiel der „freien“, geistig verschleierten Wirtschaft ein anderes Bild, ein ungleicheres Bild an. Frauen haben zwar die besseren Schul- und Uniabschlüsse, springen ehrgeizig und zunächst erfolgversprechend auf die Karriereleiter und erobern die ersten Sprossen. Doch was passiert dann? Dann scheint sich ihr Aufstieg peu a peu zu verlangsamen, und das, obwohl sie zwar seltener Kinder kriegen und sich immer öfter mit Männern die Erziehung und das bisschen Haushalt teilen. Doch Frauen beginnen alsbald an Grenzen zu stoßen. An unüberwindbare Grenzen, die man nur mit der Hilfe anderer überwinden kann. Während Männer unbeirrt emporklettern und sich von starken, eben fast ausschließlich männlichen Händen nach oben ziehen lassen, umarmen sich Frauen gegenseitig auf der mittleren Sprosse und zweifeln gemeinsam daran, ob sie das wirklich können und wollen. Dort oben wartet keine Frau, die sie in Vorstände oder Aufsichtsräte zieht. Männer hingegen fördern ihre eigenen, etwas jüngeren Duplikate und halten so ein System am Leben, in dem Menschen mit Gemächt mächtig sind und über Boni, Gehälter und Karriereschritte entscheiden. Sind Quoten, die in anderen Ländern eine undiskutierte Selbstverständlichkeit wie das Frauenwahlrecht sind, das Lösungsmittel für das testosteronverklebte Problem? Vielleicht. Vielleicht reduziert sich so der Anteil der Quotenmänner, die sicherlich nicht ausschließlich alle auf ihren Posten sind, weil sie die beste Besetzung für den Zirkus waren. Man möchte wirklich laut lachen, wenn dann von trotzigen Männern „so einer Quotenfrau“ vorgehalten wird, sie sei nur wegen ihres Geschlechts hier gelandet. Ja ne, ist klar, ihr wart immer der neutral einzig beste Kandidat für den Job.

Frauen Feminismus Emanzipation Damen

Doch gleichzeitig stellt sich die Frage, ob weniger Frauen in Führungspositionen sind, nur weil sie nicht sollen – oder weil sie vielleicht auch nicht wollen. Weil sie sich nicht wehren oder sich nicht etwas zutrauen wollen. Zum Unterbrechen gehört schließlich immer auch jemand, der sich unterbrechen lässt. Oder weil sie ihr Leben seltener einer 80-Stunden-Woche opfern und irgendjemandem etwas beweisen wollen. Selbst wenn einen jemand von oben zieht, klettern muss man schließlich immer noch selber.

Ich habe in der Situation nichts gesagt. Doch durch Schweigen lüften sich die wenigsten Kopftücher im Kopf und Konflikte im Leben. Eine bessere Reaktion wäre wohl gewesen zu sagen „Herzlich Willkommen in meinem Satz, liebes Männchen.“

3 Gedanken zu „Frauen und die Macht.

  1. Ich, als Vorruhe Frau bin mit der stetigen, teils radikalen Frauenbewegung im Kampf um Emanzipation, alt geworden und auch müde! Ich gehöre zu den Frauen die sagen,ach „Mädels “ was knatscht ihr rum, klettert oder seid zufrieden mit dem was schon erreicht wurde! Aber recht hat der(die) Schellenaffe( äffin) muss ja auch mal gesagt werden! Frauen sind die besseren Männer und das gilt es jeden Tag zu beweisen, bis wir im Vorruhestand sind, denn Männer sind bekanntlich langsamer als Frauen und brauchen genaue Ansagen, sonst begreifen sie nicht, dass sie mal wieder im falschen Satz gelandet sind, bzw sich mit fremden Federn schmücken! Nämlich unseren, mit denen wir uns ja eh besser auskennen…..wegen unseres Deko Talentes!😉

  2. das stimmt sicher alles, in den Unternehmen geht es aber nicht nur unemanzipiert zu sondern auch undemokratisch, obwohl wir politisch so schön demokratisch sind, oder vielleicht doch manchmal auch nicht? Vielleicht sollten Frauen sich nicht immer an den Männern messen, als ob die der Maßstab
    für alles wären, sondern lieber sagen „ich bin eine Frau und das ist gut so!“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*