Es braucht nur noch eine kleine, banale Erfindung mehr auf dieser Welt und wir treten ein in das Zeitalter, in dem es mehr Berufe als Arbeitnehmer gibt. Irgendwo zwischen dem Galeristen für Kunsträume in virtuellen „Realitäten“ und dem Elektroautobauer, der den ersten E-Verbrauch-Skandal programmiert, wird der Kipppunkt erreicht sein. Und dann werden sich Bildungsindustrien darum formieren und darum buhlen, dreidimensionale Ausbildungsprogramme, Lehrgänge, Studienabschlüsse und Zertifikate zu entwickeln für den einen Menschen, den es geben wird, der genau diesen Beruf ausüben wird. Und auch hierbei werden neue Berufe entstehen, wie der Professor für autonome Denktechniken oder der Coach für digitalen Beischlaf. Gewiss.
Beinahe dankbar ist man da um jeden Beruf, der ohne Ausbildung, ohne Qualifikation, ohne wesentliche Kenntnisse auszuüben ist. Wie „Kassenwart (m/w/d)“, „Konsument (m/w/d)“, „Moderator (m/w/d)“ – oder eben: „Politiker (m/w/d)“. Kaum ein Beruf ist so verantwortungsvoll wie der des Politikers. Kaum ein Beruf ist so unreguliert wie der des Politikers. Will man beruflichen Erfolg haben, braucht man ein Zertifikat, das einen als ausgebildeten Hundecoach, Abfallberater oder Einrichtungsexperten ausweist. Man braucht also einen Bildungsnachweis, um Pudel an der Leine zu führen, Dinge zu entsorgen oder Kerzen aufzustellen.
Aber will man die Zukunft von 83 Millionen mehr oder weniger zukunftsfähigen Bürgern verantworten, braucht man nichts. Kein Nachweis über einen Abschluss, eine Ausbildung, nicht mal über ein Schülerpraktikum. Selbst den Lebenslauf lesen sich in der Regel nur Journalisten der BILD-Zeitung durch. Alles was man braucht, ist ein hohes Maß an Vergesslichkeit und die Fähigkeit zu schweigen selbst dann, wenn man spricht. Dann kann man sogar Bundeskanzler werden. Es reicht, ein paar einfache Fachvokabeln, wie „privatwirtschaftlicher Vorgang“ oder „Realpolitik“, zu lernen und sich stets mit „Schönen Dank für ihre Frage“ für undankbare Fragen zu bedanken, deren Beantwortung jedoch dankenswerterweise niemand von einem erwartet. Schönen Dank auch.
Nur ist der Standard für den Beruf des Politikers auf der Welt so uneinheitlich wie für den Beruf des Fließen- oder Tarotkartenlegers. In anderen Ländern benötigt man als Politiker zunächst eine Ausbildung zum Geheimagenten, um an die Macht zu kommen. In Deutschland reicht ein schlechter Gegenkandidat (wobei man selbst im Job des schlechten Gegenkandidaten es irgendwann zu etwas bringen kann, wenn man sich nur lange genug um den Posten des Parteivorsitzenden bewirbt). Als Gleicher unter Gleichen ist dies kein Problem. Doch ehe man sich es versieht, wird plötzlich von einem Politiker erwartet, dass er bitte das Problem des panzerrasselnden Despoten mit Vodka-Visage nicht einfach vergessen und verschweigen möge. Auch wenn man selbst die Besetzung eines fremden Landes als „privatwirtschaftlichen Vorgang“ betrachten mag, so recht scheint das eigene Schweigen und das Verschicken von Helmen nicht mehr als Antwort zu genügen. Ist dies der Moment, in dem der Politiker sich eine solide Ausbildung wünscht, in der er erlernen durfte, was die Aufgaben eines Politikers sind – und wie man diese meistert?
Was wäre also, wenn „Politiker (m/w/d)“ ein Ausbildungsberuf wäre? Zunächst müsste die Industrie- und Handelskammer umbenannt werden in: Politik-, Industrie- und Handelskammer. Der eine Bindestrich mehr ist nun wirklich zu verkraften. Nur ein Piks. Zur Ausbildung zugelassen werden die Besten und Stärksten eines jeden Jahrgangs: Menschen ohne Kurzsichtigkeit oder Gesichtslähmungen. Die Länge der Grundausbildung dürfte in etwa 10 Jahre betragen, die Meisterprüfung bedarf jedoch weiterer 30 Jahre. Denn um am Ende hochrangiger Meister der Politik zu sein, muss man ein alter, weißer Mann sein. Also alt sein. Zu erlernen sind im Zuge der Ausbildung Empathie und ja, das war´s. Wen die Fachlaufbahn „Internationale Politik“ interessiert, der erlernt noch zudem Trinkfestigkeit, Tischmanieren und Umgang mit sexistischen Stereotypen. Wer eher ein Auge auf die Laufbahn des Finanzpolitikers wirft, übt sich hingegen in allerlei Taschenspielertricks, die er bei Haushaltsplänen und Kindergeburtstagen gleichermaßen gewinnbringend einsetzen kann. Um Gesundheitsminister zu werden muss man lediglich ein bisschen krank sein. Oder zumindest recht nasal sprechen.
Wie man Pandemien bekämpft, Kriege vermeidet und das Klima rettet, würde man vermutlich nicht erlernen. Aber zumindest gäbe es eine Qualifikation. Für diese ganze Qual.
3 Gedanken zu „Gesucht: Politiker (m/w/d)“
Ach, was täten wir ohne den Schellenaffen!? Trauer tragen, verzweifeln, Wut entbrannt oder resigniert diese Tage des absoluten Verfalls der Politik und seiner ( leider gewählten) Vertreter ertragen. Doch weil heute ( der erste Montag) im Februar ist können wir lachend, entspannt und vergnügt auf diese lachhaft wirkenden Gestalten, die sich Politiker, Volksvertreter und Minister nennen, schauen! Denn der Schellenaffe hat für uns alles ins rechte Licht( keine polnische Orientierung) gerückt! Danke dafür! Eine großartige Leistung dieses Theater und deren Akteure so verständlich und nachvollziehbar zu erklären!😄😉👍
Eine kleine Korrektur zu meinem Kommentar! Es ist natürlich nicht die „polnische Orientierung „, sondern die politische Orientierung gemeint!😉
jaja, die Politiker – schon Georg Kreisler fragte in einem Lied „aber was für’n -tiker is a Politiker“ und eine einschlägige mAusbildung kann es natürlich nicht geben, es würde vielleicht auch ein „learning by doing“ reichen, wenn es denn zum „learning“ dabei käme. Aber so müssen wir uns halt über die paar guten, die es ja auch gibt, freuen und nicht verzweifeln ,,,