Touristische Highlights.

Touristen Selfies Urlauber

Reisen bildet – besondere Fähigkeiten aus. Zum Beispiel die Fähigkeit, egal wo man gestrandet ist auf dieser Welt, kostenloses WLAN zu finden. Oder Steckdosen zu lokalisieren. Oder Selbstportraits ohne Schattenwurf im Doppelkinnbereich zu schießen.

Zumindest ist dies der Eindruck, der entstehen mag, wenn man beginnt, diesen bunten, vielfältigen Planeten zu bereisen und sich von Manila bis Melbourne in einem einheitlichen Tross der Weltenbummler, Frequent Traveller und Backpacker wiederfindet. Egal auf welchem Kontinent man sich bewegt, der Tourismus scheint schon sein Handtuch ausgebreitet zu haben. Überall steht bereits das Heineken kalt, hat TripAdvisor stickerweise das Revier markiert und die Druckwelle des touristischen Anschlags ist spürbar. Jeder Winkel scheint bereits erobert zu sein. Geheimtipps werden zum Garanten maximaler touristischer Abstrusität. Der Selfiestick scheint die Machete ersetzt zu haben. Die Suche nach dem wirklich Einsamen, Unentdeckten, Authentischen, Unbekannten wird zur Herausforderung.

Touristen Selfies Urlauber

Besonders groß wird die Herausforderung:

Wenn man beobachtet, wie im Reisebus durch absolute Wildnis Lockenwickler eingedreht und der Lidschatten nachgezogen werden. Man möchte eben hübsch sein für das selbstausgelöste Blitzlichtgewitter auf dem grünen Teppich der Natur.

Wenn man den immer gleichen Gesprächen lauscht, die sich ausschließlich um ein „Wo kommst du her / Wo gehst du hin“ drehen. Nie um das „Wo bist du gerade“. Nie um den Moment, selbst wenn dieser auch ohne Filter und Lockenwickler von epischer Schönheit geprägt ist.

Touristen Selfies Urlauber

Wenn man hinter einer vierköpfigen Familie mit gesenkten Blicken durch den raschelnden, duftenden, magischen Regenwald wandert und diese vier Personen dabei beobachtet, permanent Selfies exakt der gleichen Motive zu machen. Gerne würde man den Fotoabend daheim moderieren: „Hier seht ihr das gleiche Motiv, nur um dreißig Zentimeter versetzt und erneut mit einem guten Blick auf die Nasenlöcher des Vaters.“

Wenn man auf das tosende, türkisfarbene Meer blickt und neben einem Menschen Selfies mit Mundschutz machen.

Touristen Selfies Urlauber

Dann entsteht dieser Eindruck, dass Reisen nicht mehr bildet. Reisen wird zur Einbildung. Denn es reist nicht mehr der Mensch. Sein Smartphone scheint zu reisen. Ohne es zu merken, wird er selber zum humanoiden Selfiestick degradiert, immer auf der Suche nach der nächsten Kulisse für einen Schnappschuss. Anstatt sich den neuen Kulturen und Blickwinkeln hinzugeben, überlässt er es der Speicherkarte seines Handys, all dies aufzunehmen und abzuspeichern. Doch wenn man seinen gesamten Urlaub, sein ganzes Leben live dokumentiert, braucht man dann nicht ein zweites Leben, um sich die gesamte Dokumentation irgendwann erneut anzuschauen? Oder geht es nur darum, andere Menschen an der eigenen Reise teilhaben zu lassen? Doch was ist dies wert, wenn man selber nicht mal an seiner Reise teilnimmt? Wenn man die Gerüche, Erzählungen und Klänge um einen herum nicht wahrnimmt?

Reisen bildet auch in dieser von einer global verknüpften Menschenhand geprägten Welt – sofern man Begegnungen zulässt. Sofern man mit allen Sinnen wahrnimmt. Sofern man bereit ist, Bilder mit dem Kopf zu schießen. Speichern im Kopf. Genügend Speicherplatz haben wir alle – selbst das kleinste Spatzenhirn.

Ein Gedanke zu „Touristische Highlights.

  1. Zunächst muss ich zugeben, dass ich ein leidenschaftlicher Fotograf (bisschen hochtrabend) bin. Nicht mit mir vor Brücken, Kirchen, Ozeanen,Bergen ,sondern um magische Momente und Eindrücke festzuhalten….für daheim und später, wenn das Reisen dann mit Hilfe von Bildern im Fotobuch, nochmal beginnt!!! Weil man das wirkliche Reisen aus mannigfaltigen Gründen nicht mehr so oft macht!
    Aber was der Schellenaffe hier schildert, ist ein Phänomen das auch ich mit viel Humor und Augenzwinkern schon überall erlebt habe und mir darüber, in ähnlicher Form ,wie der Schellenaffe, Gedanken gemacht habe! Die Menschen reisen nicht mehr, um Horizonte zu erweitern, Kulturen, und Landschaften von ungeahnter Schönheit zu begegnen, sondern lediglich um auf ihrer Weltkarte im Handy oder vielleicht noch an der Wand daheim , ein Fähnchen zu pinnen, abhaken, und möglichstes vielen Menschen per Post, Mail u.s w. zu zeigen wie reisewütig man doch ist! Dabei sehen, riechen, hören, fühlen sie nichts mehr und vergessen darum auch ganz schnell,wo sie wann gewesen sind. 🤔 Das war für mich ein sehr einschneidendes Erlebnis, als auf einer Reise jemand neben mir saß und meine Begeisterung für das Land in dem wir gerade weilten, damit kommentierte:“ ich war schon so oft hier (hab vergessen wie oft) aber so hab ich das Land noch nie gesehen!!! Arme Menschen! So werden wir nie, dafür ist die Welt zu schön und überall einmalig, sowas hält eh keine Handy fest!!😊

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