Das erste Mal hat nicht so gut funktioniert. Also eigentlich hat es gar nicht funktioniert. Komplette Fehlzündung, wie manches erste Mal. Versuchen wir es also einfach noch mal. Denn Versuch macht ja bekanntlich klug. Und – um das vorwegzunehmen – genau so betrunken. Silvester 2020 und seine guten Vorsätze sind krachend gescheitert. Zeit also, es ein zweites Mal anzustoßenn, das nicht mehr ganz so neue und doch unverbrauchte Jahr 2020.
Die Gäste erscheinen durchnässt und angefroren bei 14 Grad und Nieselregen. Es ist ein milder, langer Winter bisher. Merkwürdig hell ist es. Anstatt die Winterzeit abzuschaffen, wurde sie anscheinend so verändert, dass es nun bis spät abends noch hell ist. Wie erhellend. Geändert haben sich die Zeiten auf vielerlei Weise. Für Menschen, die ihr Geld gerne mit allerlei Tamtam entflammen und explodieren lassen möchten, liegen keine Raketen und Böller mehr in den Geschäften. Stattdessen benutzt man indes hierfür Konzertkarten und WireCard-Aktien. Zudem scheint man nur Blumen, aber kein Blei oder Wachs, gießen zu dürfen. Das Rätseln über die Zukunft übernehmen nun die Rotweinflecken auf dem Tisch und Hobbyvirologen. Dinner for One, die einzige Konstante in unser aller Leben neben dem Frust über Montage, wurde abgedreht. Den Kummer darüber ertränkt man in Gin mehr for One.
Doch bis auf den latenten Schwund der Folklore ist alles beim Alten. Weihnachten ist so schnell vergangen und gefühlt liegt es schon wieder eine Ewigkeit zurück. Nach den essensreichen Tagen eingesperrt zuhause freut man sich auf ein bisschen Ausgelassenheit mit Freunden. Die Mühsal, in einen Club nicht reinzukommen, erspart man sich lieber direkt und begeht das neue Jahr lieber weihevoll und selber voll in den eigenen vier Wänden. Den Nachbarn hat man nicht Bescheid gegeben, dass es lauter werden könnte, die dürften ja selber lange wach bleiben oder machen eh Urlaub in den Bergen.
Und so beginnt man nachdenklich über das letzte – halbe – Jahr zu philosophieren, zu streiten, darüber, was in der Zeit alles geschehen ist („Nichts? War das nicht auch dieses Jahr?“) und davon zu träumen, was man sich für das nächste alles vornimmt. Endlich verreisen, in die Ferne außerhalb des eigenen Stadtteiles. Der Harz steht ganz oben auf der Liste exotischer Reiseziele. Oder man freut sich auf das Konzert, das in einem Jahr stattfinden wird und dessen Karte man vor einem Jahr gekauft hat. Zu den Vorsätzen gehört auch, weniger Flugreisen anzutreten und die Schätze vor der eigenen Haustüre zu entdecken. Und sich allgemein weniger vorzunehmen – außer das eine vielleicht: gesund zu bleiben.
Um Mitternacht ist es ruhig auf der Straße und warm auf dem Balkon. Das müssen die Vorboten der Erderwärmung sein. Es fühlt sich beinahe an wie eine lauschige Sommernacht. Fröhlich, erhitzt und beschwipst. Das Knistern der Wunderkerzen begleitet die letzten Klänge der Vögel, das eigene Lallen und die „Ruhe!“-Rhetorik der Nachbarn. Die beschwingten „Frohes Neues“-Rufe werden nur erwidert mit einem Blick, der so entgeistert wirkt, wie die Vorstellung einer Mundschutzpflicht, eines globalen Reisestopps oder eines Bundeskanzler Söders. Völlig daneben.
Und so scheint das Motto für das neue, alte Jahr vorgegeben zu sein: wenig Lärm um Nichts.
2 Gedanken zu „Frohes Neues.“
Eigentlich möchten wohl alle den Reeset Knopf für das Jahr 2020 drücken! Warum dann nicht Mitte Juli Silvester feiern,damit wenigstens der Rest dieses verkorksten Jahres ,besser wird . Aber leider ist 2020 unbeeindruckt von all unserem Bemühen ,alles auf Anfang zu stellen, es,dieses besondere Jahr, schreitet unbeirrt weiter! Nix mit von vorn und besser! Nur wir können es besser machen, vorsichtig und mit Bedacht der neuen Normalität fröhnen! Will heißen, Abstand halten und Maske tragen, sich freuen über das was (hier) wieder geht, träumen von möglichen Reisen (denn Träume Kosten nichts und bergen keine Gefahren) ,feiern nur daheim und im auserwählten Kreise usw…..dass Jahr 2020 wird dann, vielleicht, doch noch etwas schöner, leichter, fröhlicher, aber sicherlich bleibt es ein sehr Spezielles……bis zum nächsten Silvester 2020/21! Aber das will jetzt noch keiner wissen! Wie sagt der Rheinländer so passend…..et hät noch viel schlimmer komme könne! Prosit!🎉😏