Aus Fehlern soll man bekanntlich lernen. Ganz so als sei jeder Fehltritt nur als geradezu bewusst gesetzter Schritt im Optimierungsprozess des eigenen Lebens gemacht worden. Fehler sind Teil des Trainingsplans, der das Ziel hat der perfekte Mensch zu werden. Daher antworten Bewerber und Mitarbeiter gerne auf die Frage nach den eigenen Schwächen damit, dass man als einzige Schwäche eigentlich nur sagen könne, dass man selber ja leider schrecklich perfektionistisch sei, aber daran arbeiten würde. Die perfektionistische Antwort eines Perfektionisten.
Doch warum hat der Mensch dann mehr als einen Kater im Leben? Warum schließt er immer wieder sinnlose Versicherungen und Abos ab? Warum gibt es die Pille danach und Mittel gegen Völlegefühl (quasi die Pille danach für den ungeschützten Essverkehr)? Warum setzt man immer wieder Kommas völlig falsch? Warum sagt man überhaupt immer wieder Kommas statt Kommata?
Da man eben Fehler macht, weil man es nicht besser weiß – oder wissen will. Weil man in seinem Leben nicht nur lernen, sondern auch leben möchte. Aber vor allem weil man lernt, dass einem Perfektionismus am Ende eigentlich niemand dankt. Der Einserschüler ist der unbeliebte Streber. Der perfekt zur Augenfarbe abgestimmte Wollschal juckt am Ende nur einen selbst. Die perfekte Präsentation wird durch die Frage nach dem W-LAN-Passwort und dem Auftrag für die nächste Projektvorstellung wertgeschätzt.
Und so stellt man fest, dass man sehr schnell ein perfekter Idiot ist, der scheinbar noch nicht perfekt genug war, sonst würde sich das ja alles noch nicht so unperfekt anfühlen. Man zweifelt an sich, nicht am Perfektionismus. Selbst Weltrekordler sagen selten, dass sie unverbesserlich sind und nun die Füße schneller und höher als alle anderen legen werden. Das Streben nach Perfektionsmus wird gemeinhin erwartet. Alles andere wird als Arroganz oder Faulheit verstanden. Und nicht verstanden. Doch mit diesem Streben nach Perfektionismus setzen wir uns ein unerreichbares Ziel, das sich je näher wir ihm kommen wieder von uns wegbewegt und zwar deshalb, weil wir unser selbstgestecktes Ziel doch noch mal ein Stück weiter von unserem jetzigen untrainierten, einfallslosen, fehlerbehafteten Standpunkt, der nach nassem Hund riecht, entfernen möchten. Wie ein Esel nach der Mohrrübe vor seiner Nase strebt, so versuchen wir die perfekte Hochzeit, den perfekten Job, den perfekten Partner zu erreichen. Wir verlieren uns lieber in einem Vorhaben, als in einem Moment.
Ist der Partner dann doch nicht Dr. Dr. Dipl. Ing. mit der Statur eines Bodybuilders und dem Geist eines Expertenkomitees, sondern das wunderkindlichste an ihm die Ähnlichkeit der Frisur mit der von Einstein dann machen wir geknickt Abstrichen und sagen, es ist halt nicht perfekt. Wir sagen „Die Wohnung ist perfekt, bis auf…“ und es folgt eine Liste eigentümlich zusammengestellter Anforderungen an die eigene Behausung. Wir stören uns am Hochzeitstag über das Wetter und den nicht perfekt gekühlten Sekt.
Warum kennen wir nur das perfekte Schwarz und Weiß? Warum lassen wir nicht öfter Fünfe gerade und P eine Ziffer sein? Warum lassen wir nicht öfter dieses Grau zwischen Schlamperei und Perfektionismus zu? Das nennt sich dann Pragmatismus und der in ist der Regel durchaus gesundheitsfördernd.
Anfangs hat sich der Schellenaffe viele Gedanken gemacht um seine Worte, Sätze und Texte. Dies könnte man noch einbringen, jenes kann man besser sagen. Jeder nachträglich gefundene Fehler löste ein leichtes Scheppern im Kopf aus. Doch mit den Jahren wurde aus dem Faible für das feingliederige Feilen am Satzpartikel ein Hang zum hemmungslosen „Ach, ich lass das jetzt so.“ Gemerkt hat es keiner bis kaum einer. Heute ist er daher sogar so weit gegangen den Text einfach mal weder zu korrigieren, noch lektorieren oder sonst wie perfektionieren.
Denn: warum sollte voll ok nicht auch perfekt sein?
2 Gedanken zu „„Ich lass das jetzt so“ – ein Plädoyer gegen Pärfecktionismus.“
Aha,ein Perfektionist weniger auf dieser Welt!? Aber wenn etwas perfekt ist, dann doch nur, weil einer/eine es als solches empfunden hat und daran ist nichts falsch (höchstens das ein oder andere Komma)! Etwas als perfekt zu empfinden oder perfekt zu gestalten,sollte nicht für andere geschehen sondern für das eigene Wohlgefühl! Der Tisch, die Feier, das Aussehen, der Text alles wird von einem MENSCHEN gestaltet und daher ist dies immer subjektiv perfekt, weil jeder weiß, Geschmäcker sind verschieden. Was dem einen als die Krönung seines Schaffens erscheint empfindet der Andere als Schrott! Darum ist es natürlich, dass das Streben nach Perfektionimus Blödsinn/sinnlos ist, es gibt immer (mindestens) einen der es anders sieht! Darum sollte jeder sein Fest, sein Outfit, seine Wohnung,sein Leben usw.so gestalten und leben, dass er damit glücklich und zufrieden ist…..egal was der/die Anderen dazu sagen, dann ist Perfektionimus eine gute Sache! Und man(n)/Frau wird zufriedener und weniger gestresst durch das Sterben nach Perfektionimus sein!😉
es gibt ein „mehr als perfekt“, zumindest für den etwas aus der Zeit gefallenen Lateiner, nämlich das Plusquamperfekt – also sagen wir dem Pefektionisten einfach „Du Perfekt, ich Plusquamperfekt“ und wenn der das dann nicht versteht, sagen wir „siehste!“. Aber Spaß beiseite – der liebe Gott, wenn es ihn denn
gibt, ist sicher kein Perfektionist – und das könnte das beste Argument dafür sein, dass es ihn doch gibt …